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Wenn der Wohnungsmarkt zur Verkaufsfläche wird

Wohnung suchen ist heute oft ein Vollzeitjob – besonders in Großstädten. Die Konkurrenz ist hart, die Nervosität groß, die Verzweiflung manchmal noch größer. Genau in diese Situation grätschte ImmobilienScout24 mit einem vermeintlich hilfreichen Zusatzangebot: Für knapp 30 Euro konnten Wohnungssuchende einen „SCHUFA-BonitätsCheck“ direkt über die Plattform erwerben. Und die Werbung dazu klang so, als wäre dieser Schritt fast schon Pflicht – am besten gleich vor der Besichtigung.

Jetzt ist klar: Diese Masche ist unzulässig. Das Landgericht Berlin hat auf Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) entschieden, dass die Werbung für den kostenpflichtigen BonitätsCheck in die Irre führt – und gegen geltendes Recht verstößt.

Kein Zwang zur SCHUFA bei der Besichtigung

ImmobilienScout24 hatte mit Aussagen geworben wie: „Immer häufiger verlangen Vermieter schon bei der Besichtigung einen SCHUFA-BonitätsCheck.“ Oder: „Die SCHUFA-Auskunft ist ein wichtiger Bestandteil der Bewerbungsmappe.“

Die Botschaft war eindeutig: Wer diese Auskunft nicht vorweisen kann, hat schlechte Karten. Doch das stimmt nicht – zumindest nicht rechtlich.

Das Gericht stellte klar: Eine Bonitätsauskunft darf frühestens verlangt werden, wenn der Mietvertragsabschluss konkret bevorsteht – nicht beim ersten Besuch oder beim Durchschreiten der Tür. Und ja, auch wenn viele Bewerber:innen solche Unterlagen freiwillig mitbringen: Das ist ihre Entscheidung, kein Muss. Die Werbung erweckte aber genau diesen falschen Eindruck – und nutzt damit die Not der Wohnungssuchenden gezielt aus, so die Verbraucherzentrale.

Und als wäre das nicht genug: Datenschutz-Panne inklusive

Doch nicht nur die Werbung stand vor Gericht. Auch die Art und Weise, wie personenbezogene Daten auf dem Portal verarbeitet wurden, wurde vom Landgericht Berlin kritisiert – und für rechtswidrig erklärt.

Über ein Online-Formular konnten Nutzer:innen Angaben wie Nettoeinkommen, Jobstatus oder sogar Rauchverhalten machen. ImmobilienScout24 warb mit Sätzen wie „sicher“ und „datenschutzkonform“ – doch laut Gericht fehlte eine klare, freiwillige Einwilligung, wie sie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangt.

Heißt im Klartext: Wer das Formular ausfüllte, musste damit rechnen, dass sensible Daten verarbeitet werden – ohne zu wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage. Ein doppelter Dämpfer für das Portal, das sich gerne als moderner und seriöser Dienstleister positioniert.

Irreführung bleibt Irreführung

Wohnungssuche ist schon nervenaufreibend genug. Wer dann noch überteuerte Zusatzprodukte angedreht bekommt und ganz nebenbei seine persönlichen Daten in fragwürdige Formulare tippt, wird zum Spielball eines Systems, das längst aus dem Ruder läuft.

Dieses Urteil ist deshalb ein wichtiges Signal: Auch große Plattformen stehen nicht über dem Gesetz. Und Datenschutz ist kein Werbeslogan, sondern ein Grundrecht. Wer das vergisst, steht zu Recht vor Gericht.

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